M.K.Haschtschanskaja

Unterricht der psychischen Selbstregulierung
und Kunst an Kinder

M.K.Haschtschanskaja

In diesem Aufsatz sind praktische Erfahrungen bei der Arbeit mit Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren dargelegt. Die Arbeit richtete sich auf die Minimierung der für die meisten Kinder üblichen inneren Disharmonien durch die Entwicklung künstlerischer Fähigkeiten, ethische und ökologischer Erziehung sowie die Steigerung des Konzentrations- und Entspannungsvermögens. Um dieses Ziel zu erreichen, können die Verfahren psychischer Selbstregulierung und die in [1,2] dargelegten Empfehlungen mit Erfolg angewandt werden. Die nachstehend unterbreitete Methodik wird diese Informationen womöglich ergänzen.

Der Unterricht mit der älteren Gruppe (10/11 Jahre) fanden in einer Sporthalle und im Freien statt. Die 5- bis 7-jährigen Kinder lernten nur in der Sporthalle — gearbeitet wurde hier auf Vorschulbasis.

Die Dauer des Unterrichts war vom Alter der Kinder abhängig. Die 10- und 11-Jährigen lernten jeweils drei Stunden lang, ohne Müdigkeit zu spüren. Die 5- bis 7-Jährigen lernten mit Erfolg etwa anderthalb Stunden. In der Mitte des Unterrichts gab es jeweils eine kleine Pause.

Das Vorgehen bei der Auswahl von Kindern für die Gruppe weist bestimmte Besonderheiten auf. Es steht außer Zweifel, dass der Unterricht allen Kindern nützlich ist, aber man muss entscheiden, was wichtiger ist: alle langsam entwickeln auf Kosten einer “Vermittelmäßigung” oder aber nur die Fähigen in der Gruppe belassen, die erfolgreich lernen und rasch vorwärtskommen können. Die Erfahrung der Arbeit mit verschiedenaltrigen Kindern von allgemeinbildenden Schulen zeigt klar, dass die “vermittelmäßigende” Einstellung die Fähigkeiten der begabtesten Kinder zugrunde richtet, während die am wenigsten entwickelten Kinder vom Unterricht so wenig Nutzen haben, dass dieser von den negativen Auswirkungen schlicht verdrängt wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es keinen Sinn hat, mit den Letzteren zu arbeiten. Beim Zusammenstellen der Gruppe sollte man diesen Faktor schlicht mitberücksichtigen und verschiedene Arbeitsmethoden und -formen für verschiedene Gruppen anwenden.

Eine Gruppe sollte klein sein. Der Unterricht gelingt am besten, wenn die Kinder nicht weniger als fünf und nicht mehr als sechzehn sind. Dies geht damit einher, dass die individuelle Einstellung gerade bei der Kinderarbeit von äußerst großer Bedeutung ist.

Nachstehend findet sich ein exemplarischer Unterrichtsplan.

 

Kindergruppen 5 bis 7 Jahre

 

1. Einleitende Meditation.

2. Spiele, darunter körperliche und psychophysische Übungen.

3. Entspannung.

4. Bildnerische Aktivitäten.

 

Kindergruppen 10 und 11 Jahre

 

1. Einleitende Meditation.

2. Psychophysische Übungen und körperliches Aufwärmen.

3. Entspannung.

4. Bildnerische Aktivitäten.

5. Entspannung.

6. Teetrinken.

 

Die Einleitende Meditation ist von größter Bedeutung und wirkt sich stark auf die ethische Bildung und die Entwicklung emotionaler Liebe zu allen Erscheinungsformen des Lebens aus. Sie fördert auch den Erwerb von Gewohnheiten der Konzentration und Aufmerksamkeit. Überdies schafft sie eine günstige emotionale Grundlage für weitere Übungen.

Bei 10- und 11-jährigen Kindern ähnelt die einleitende Meditation der in Erwachsenengruppen [2]. Allen Kindern gefällt die “Schülerstellung”, in der meditiert wird. Sie werden darin sogleich ruhig, und die Stellung begünstigt auch die Aufnahme von Information.

Bei Kindern von 5 bis 7 Jahren kann die einleitende Meditation in Form der “Sonne-Übung” durchgeführt werden. Die Kinder stellen sich im Kreis auf und bilden dabei gleichsam ein Seeufer. Sie stellen Bäume oder Gräser dar, Blumen, die ihre Zweigchenarme der zarten Sonne entgegenstrecken, die Sonne berühren, sie in die Hände nehmen und auf sich ruhen lassen, den riesigen, warmen Leuchtball fest umarmen und ihn dabei an ihre Brust drücken, und er kommt plötzlich selbst in den Brustkasten und zündet unsere Herzen mit der Liebe an. Jeder wird dann selbst zu einer kleinen Sonne. Unsere Arme sind Strahlen. Die Kinder drehen sich herum, ziehen Kreise zu gleichmäßiger heiterer Musik, machen wellenartige Armbewegungen und strahlen Licht aus. Sie strahlen mit der Sonne in ihrer Brust einander an, alle Tierchen und Vögel, die Fischchen im Wasser, die Bäume und Gräser. Die Kinder sagen selbst, wem sie noch ihr Licht und die Liebe senden wollen.

Denkbar sind auch andere Formeln der einleitenden Meditation. Sehr wichtig ist es zu spüren, wann die Übung zu beenden ist. Die Kinder sollten das von ihnen ausgehende Licht genießen, doch auf der anderen Seite könnte der feine Zustand einige Zeit später in stürmische Begeisterung übergehen, bei dem die Kinder nur schwer kontrollierbar sind.

Nachher kann man ein Aufwärmen durchführen oder psychophysische Übungen machen. Dabei muss man genau nach Plan vorgehen. Wichtig ist es, im Verlauf des Unterrichts zu spüren, was zum gegebenen Zeitpunkt eben nötiger ist. Beim ersten Unterricht gingen psychophysische Übungen unmittelbar nach der einleitenden Meditation schwieriger, weil die Kinder nach der Konzentration eines Aktivitätswechsels bedurften. Nach anderthalb bis zwei Monaten jedoch ging die einleitende Meditation leicht und fließend in psychophysische Übungen über.

Beim Aufwärmen können sich dynamische Übungen mit Hatha-Yoga-Asanas oder Pranayama abwechseln. Die physischen Übungen macht man am besten in spielerischer Form oder mit bildlichen Darstellungen. Dies macht das Aufwärmen interessanter für die Kinder. Die Asanas sollten schrittweise eingeführt werden, man darf die Kinder nicht mit ihnen überbelasten.

Wir führen das Aufwärmen zu Musik durch, die Übungen bitten wir fließend auszuführen, und harmonisch ohne Eile, im Rhythmus der Melodie. Man kann das “Spiegelspiel” nutzen (s. Artikel von E.B.Ragimowa), bei dem der Lehrer Bewegungen macht und die Kinder diese wiederholen. Nachstehend sind die Übungen angeführt, die am häufigsten im Unterricht Verwendung finden:

1. Wir heben die Arme hoch. Nun gilt es, zunächst mit den Handflächen Sonnenlicht “einzuatmen”, dann beugt man sich vor, und alles Dunkle, Grobe und Unangenehme wird wieder “ausgeatmet” — es bleibt nur das goldfarbene Licht der Sonne. 3 bis 6 Mal wiederholen.

2. Beine auf Schulterbreite, Arme ein wenig nach hinten gebogen, Handflächen nach vorn gewendet. Beim Einatmen erheben wir uns auf die Fußspitzen, die Arme gehen mit Handflächen nach vorn und nach oben, gleichsam eine Welle hebend; beim Ausatmen werden die Arme gesenkt, und wir stellen die Füße wieder auf den Boden. Sechs Mal wiederholen.

3. Wir führen nun die “Bergposition” (Tadasana) aus und merken dabei, wie die Arme spontan nach oben schweben, wobei wir gar keine Anstrengungen dafür aufwenden, sondern nur die Arme beobachten. Später, als die Kinder zu malen beginnen, kann man sie in diese Empfindung zurückführen, indem man eine Analogie zieht zwischen spontanen Armbewegungen im Tadasana und Bewegungen der pinselführenden Hand.

4. Danach kann die “Baumstellung” folgen, z.B. diejenige Variante, wo der linke Arm den zurückgebogenen linken Fuß an der Spitze hält. Der rechte Arm mit locker gehaltenem Pinsel ist erhoben, die Handfläche richtet sich nach vorn und befindet sich ein klein wenig oberhalb der Stirnfläche. Die Kinder werden gebeten, ihren rechten Fuß als einen Baumstamm zu empfinden, dessen Wurzeln tief in die Erde eindringen, während der rechte Arm ein Zweig ist und die Hand mit Fingern sind Blätter des Baumes. Dann wird die symmetrische Variante durchgeführt. In dieser Asana können Kinder zwischen einer halben und zwei Minuten verbleiben.

5. Nachher werden in fließender Reihenfolge und zur Musik folgende Asanas ausgeführt:

die “Dreiecksstellung” (Utthita-Trikonasana),

die “intensive seitliche Winkelstreckung” (Utthita-Parsvakonasana),

die “Heldenstellung ” (Vira Bhadrasana) [3].

6. Danach können einige Übungen vom Komplex des Mian Quan (“langsames Wasser”), oder Tai Chi Quan folgen. Zum Beispiel: “ein Bein über eine Schnur heben, die es nicht gibt”, “ein Knie über eine Schnur heben, die es nicht gibt”, “eine stürzende Wand, die es nicht gibt, auffangen und wieder aufstellen”, “Kreise in beide Richtungen gleichzeitig” u.dgl. Viele dieser Übungen sind in [4] beschrieben.

Diesen Übungen kann man auch Pranayamas anschließen [1], und zwar mit leichter Belastung und bildlichen Darstellungen.

7. In den ersten Unterrichtsstunden sind die in [1,2] geschilderten Anfangsübungen des Kurses psychischer Selbstregulierung mitunter sehr hilfreich

Kinder machen mit Vergnügen diejenigen Übungen, die ihnen spielähnlich erscheinen und von bildlichen Darstellungen begleitet werden.

8. Die Schmetterlings-Übung (zur Dehnung der Beinmuskel) gehört zu den beliebtesten. Wir setzen uns auf den Boden, Beine angewinkelt, Füße berühren einander, die Hände umgreifen die Füße. Die in den Knien gebeugten Beine vollziehen rhythmische, federnde Dehnbewegungen nach unten. Bei der Ausführung dieser Übung kann man sich in einen Falter hineinfühlen, der über Blumen flattert. Er suchte sich gerade eine Blume aus, setzte sich darauf und erstarrte. Dann faltete er seine Flügelchen zusammen (die Knie gehen nach oben), trank vom süßen Saft, dankte der Blume und flog weiter.

9. Nachher kann man die Positionen Fisch, Schlange, Bogen und Boot folgen lassen [3].

10. Bei 10- und 11-jährigen Kindern gelingt folgende Asana-Sequenz recht gut: “Halbe Kerze” — “Kerze” — “Pflug” — “Kaninchen” — “Halbe Kerze” — “Kerze” — “Halbe Kerze”.

11. Alle Kinder machen sehr gern folgende Übung: Beine breiter als die Schultern, Einatmung mit Rückwärtsbeuge, Ausatmung mit Vorwärtsneigung, Handflächen auf dem Boden. Wir “gehen” jetzt mit den Armen vorwärts, Beine an der Stelle, und machen eine Rumpfbeuge rückwärts. Man kann sich sogar drehen und auf sein rechtes, dann auf sein linkes Bein schauen. Nun kommen wir zurück zur Ausgangsstellung.

12. Zum Schluss kann man ein wenig umherspringen. Den Kindern gefällt es sehr, sich selbst als Kasperlepuppen vorzustellen und weich zu springen mit Entspannung in den Schlussstellungen. Man kann sich Seilsprünge vorstellen, händeklatschend springen, beim Springen die Hände unter dem Gesäß halten, Drehungen machen und so weiter.

Es ist nicht notwendig, in jedes Aufwärmen vor dem Unterricht alle diese Übungen einzubeziehen. Je geringer das Alter der Kinder, desto kleiner sollte die Belastung sein; diese sollte sehr allmählich vergrößert werden, von Unterricht zu Unterricht. Die Komplexität der Arbeit mit Kindern liegt darin, dass diese stets auf etwas Neues Lust haben. Deshalb sollten die Übungsformen häufig gewechselt werden. Die macht sich besonders bemerkbar bei der Arbeit mit jüngeren Kindern.

Zur erfolgreichen Durchführung psychophysischer Übungen muss man unbedingt Visualisierungen vorgeben. Zum Beispiel: Die Kinder stellen sich selbst vor als kleine Fische, Wasserpflanzen, Bäume, Wolken, Vögel, Wellen, Wind, Luftballons oder Schlangen, Schneeflocken, Staubkörner, kleine Segelschiffe u.dgl. Wenn die Identifizierung mit einem Bild erfolgt ist, kann man dieses leicht mit Licht füllen. Je weiter, umso leichter fällt es Kindern, psychophysische Übungen auszuführen. Dabei empfinden fast alle das Licht, das sie und den umgebenden Raum füllt, als real.

Der “spontane” Tanz [1] wird beim Kinderunterricht unter Verwendung bildlicher Darstellungen durchgeführt, und zwar vom ersten Unterricht an. Die Kinder bewegen sich leicht und tanzen, ohne voreinander Verlegenheit zu empfinden. Sie denken auch fast nie daran, wie sie dabei aussehen.

Sehr interessant ist als psychophysische Übung die Lotus-Übung. Die Kinder setzen sich im Kreis auf den Boden und berühren einander mit den Füßen ihrer vorgestreckten Beine. Sie bilden alle zusammen eine Lotusblume, und jedes Kind ist ein Kelchblatt. Man kann die erhobenen Arme schaukeln, als ob im Wind. Man kann sich gegenseitig an den Händen nehmen, sich nach vorn beugen und dabei die Blume zu einer Knospe schließen, sich dann aufrichten, die Arme öffnen und sich auf den Boden legen und dabei das von oben herabfließende Sonnenlicht in sich aufnehmen. Dann setzt man sich wieder. Eines der Kinder steht auf und beginnt sich im Zentrum zu drehen und stellt dabei die Mitte der Blume dar. Dann schließt sich ein anderes Kind ihm an, dann ein drittes... Die Kinder bilden einen inneren Kreis, drehen sich fließend. Möglich sind zahlreiche Variationen dieser Übung.

Von sehr großer Bedeutung sind Entspannungsübungen. Alle wissen, wie schwer es dem modernen Menschen fällt, sich zu entspannen, und wie viel Müdigkeit sich bereits mit zwanzig Jahren angesammelt hat bei jemandem, der die Entspannungsfähigkeit verloren hat.

Bei den Entspannungsübungen ist es sehr wichtig und bequem, den Kindern ethische Unterweisung zu geben, die Emotion der Liebe zu entwickeln, die Naturwahrnehmung zu verfeinern und eine Umwelterziehung zu führen. Gewöhnliche Gespräche mit Kindern bringen diesen Effekt nicht. Den Kindern werden im Verlauf der ganzen Entspannung werden Vorstellungsbilder nahe gelegt. Der Laut der Stimme fesselt gleichsam ihr Bewusstsein und erlaubt ihnen nicht, allzu tief im Entspannungszustand zu versinken [1]. Man kann sich beispielsweise ein Märchen einfallen lassen und erzählen, das dem Unterrichtsthema entspricht. Die Entspannung wird durchgeführt in der “Halben Schildkröte”, in der “Krokodil-Stellung”, auf dem Rücken und auf der Seite. Für gewöhnlich wird eine bestimmte Position vorgeschlagen, aber wenn eines der Kinder eine andere wählt, sollte man nicht die Aufmerksamkeit darauf konzentrieren.

Die Methodik der Entspannungsübungen mit Kindern unterscheidet sich je nach Alter. Zehn- und Elfjährige betreten mit Leichtigkeit den Zustand voller Gelöstheit bei leiser, sanft dahinfließender Musik und beim Laut einer Bilder vorgebenden Stimme. Bei 5- bis 7-jährigen Kindern kann die in [5] dargelegte Methodik erfolgreich angewandt werden.

Der Kunstunterricht wird ebenfalls je nach Alter auf verschiedene Weise durchgeführt. Man kann beliebige darstellende Materialien verwenden, aber in unserem Unterricht wird malerischen Materialien der Vorzug gegeben. Die Kinder malen mit Aquarellfarben, Aquarellfarben mit weißer Farbe oder mit Guasch. Für Vorschüler ist Guasch besser, dagegen sind Aquarellfarben in höherem Alter effektiver. Die benutzten Pinsel sind breit, am besten flach, und für die Details sind feine Pinsel notwendig. Unbedingt nötig ist ein kleines Tuch zum Abwischen der Hände.

Zunächst muss man den Kindern beibringen, Farben zu delikaten und reinen Farbtönen zu mischen. Dabei wird mit großen Farbflecken gearbeitet.

Alle Utensilien werden frühzeitig, vor dem Unterricht vorbereitet. Jedes Kind nimmt nach der Entspannungsübung selbst alles Notwendige und beginnt zu malen, ohne die anderen zu stören.

Das Gefühl für Farbenharmonie ist vielen Menschen seit der Geburt eigen. Viele jedoch ahnen nicht einmal, dass sie diese Fähigkeit besitzen. Um diese zu Tage zu bringen und zu verwirklichen, ist somit Hilfe nötig. Und wenn die Hilfe noch im Kindesalter kommt, kann sich das Kind harmonischer und voller entwickeln.

Für Kinder von 5 bis 7 Jahren ist es nötig, das jeweilige Malthema vorzugeben und bei jedem Unterricht die Arbeitsschritte zu zeigen, denn ihnen fehlen noch die elementaren gestalterischen Gewohnheiten. Es ist gut, wenn das Thema sogar schon in seiner Benennung eine bestimmte Situation vermittelt, wie es in China und Japan praktiziert wird. Die Kinder malen Bäche, die über tauenden Schnee fließen, Wolken, die ihre Form dem Wind nach verändern, Baumzweige vor dem Hintergrund eines klaren Himmels oder aber der untergehenden Sonne, ein Unterwasserreich, eine Waldwiese mit Blumen, Schmetterlinge, die Sonne, ein wogendes Meer, verschiedene Frostmuster u.dgl. Malen lassen kann man Tiere, Vögel, Bäume, Blumen und dabei den Kindern die Liebe zu allen Wesen beibringen.

Durch das Darstellen lernen Kinder, die Welt zu sehen. Man kann ihnen auf diese Weise beibringen, die Welt von den überraschendsten Seiten wahrzunehmen und zu empfinden.

Bei der Arbeit mit 10- und 11-Jährigen liegt der Schwerpunkt auf Spontaneität. In diesem Alter genügt es oft, die Kinder ein wenig anzuregen und zu lenken, damit sie ihre Zustände und Stimmungen mit den ihnen bereits bekannten Arbeitsmethoden zum Ausdruck bringen. Kinder eignen sich neue Techniken rasch an.

Der Lehrer sollte ebenfalls zusammen mit den Kindern malen und ihnen die Gefühlszustände vorgeben oder ihnen helfen, anstatt ein unbeteiligter Beobachter zu sein. Nach Möglichkeit sollte versucht werden, jegliche Gespräche beim Malen zu unterbinden, weil diese die feinen Gefühlszustände verwirren. Dies ist bei der Arbeit mit 5- bis 7-jährigen Kindern sehr schwer zu erreichen, den sie durchleben das, was sie darstellen, sehr stark und sprechen es laut aus. Es lohnt sich dennoch, diesen Umstand zu beachten und kein allzu großes Geschwätz zuzulassen.

 

Das Teetrinken ist ebenfalls ein wichtiger Punkt des Unterrichts. Eine passende, vom Lehrer vor dem Essen vorgegebene Meditation stimmt die Kinder auf Dankbarkeit gegenüber der Erde und den sie ernährenden Menschen ein. Sie denken vielleicht erst im Unterricht zum ersten Mal darüber nach. Unter Anleitung des Lehrers lernen sie, miteinander zu teilen, etwas anzubieten oder zu geben und achtsam mit der Nahrung umzugehen. Wenn beim Teetrinken müßige Gespräche entstehen, sollten diese nach Möglichkeit in eine spirituelle Richtung gelenkt werden, und zwar durch behutsamen Themenwechsel. Manchmal machen die Kinder selbst derartige Bemerkungen zueinander.

 

Eine wichtige Form der pädagogischen Arbeit mit Kindern sind Ausflüge ins Freie. Man sollte sie außerhalb der Stadt bringen, um ihnen Beispiele für den richtigen, behutsamen Umgang mit der Natur zu geben und so erste Ansätze für ein weiteres spirituelles Leben des Kindes zu schaffen. Bei solchen Exkursionen stellte sich heraus, dass viele Kinder es verstehen, mit Pflanzen und Insekten zu “sprechen” sowie mit Tierchen und Vögeln verständnisvoll umzugehen. In dieser Hinsicht kann man von Kindern viel lernen. Andere Kinder hingegen wundern sich über eine solche Haltung zu Pflanzen und Insekten als Wesen, die Schmerzen empfinden und lieben können. Sie lachen oft am Anfang darüber und verstehen es nicht. Nach und nach aber werden auch sie durchdrungen von derselben Wahrnehmung von Naturobjekten als lebenden Wesen, zumal sie das im Unterricht und bei Meditationen lernen. Eine pantheistische Beziehung zur Natur steht Kindern nahe, und fast alle akzeptieren das leicht und beginnen, die Natur als Tempel des Lebens zu empfinden.

Darüber hinaus lernen Kinder bei den Ausflügen, Lagerfeuer anzuzünden, ohne lebende Pflanzen zu töten, keine Angst vor Unwetter zu haben, genießbare und ungenießbare Pflanzen zu erkennen sowie Vogelstimmen zu unterscheiden und sich am Vogelgesang zu erfreuen.

Als nützlich erweist sich mitunter eine Diavorführung über Naturzustände. Diese sollten freilich in nicht allzu großer Zahl gezeigt werden, denn die Kinder werden bald müde.

 

Wenn die Gruppe genügend vorbereitet ist, lernt sie erfolgreich den Übungskomplex “Surya Namaskar” (Sonnengruß) [3]. Zehn- und elfjährige Kinder absolvieren diese Asana-Folge mit Vergnügen. Sehr gut gelingt dies im Schoß der Natur.

Hin und wieder kommt es beim Unterricht spontan zu Gesprächen über religiöse Themen, zumeist im Wald am Lagerfeuer. Interessanterweise sind alle 10- und 11-jährigen Kinder nach fünfmonatigem Unterricht von der Existenz Gottes überzeugt, und die meisten von ihnen stellen sich Ihn als Licht oder als einen Alldurchdringenden Geist vor, obwohl beim Unterricht keine besonderen Erläuterungen zu dem Thema gemacht wurden. Diese Auffassung ist anscheinend durch persönliche Erfahrungen der Kinder bei psychophysischen und sonstigen Übungen bedingt.

Unsere Praxis bei diesem Unterricht hat gezeigt, dass harmonisch entwickelte Kinder, mit denen man auf Anhieb leicht und angenehm arbeiten kann, sehr selten sind, doch sie werden im Laufe des Unterrichts immer mehr. Am Ende eines Unterrichtszyklus mit fünfmonatiger Dauer bleiben in der Gruppe ungefähr vierzig Prozent der Kinder, für die der Unterricht sehr viel bedeutet. Sie zu unterweisen ist ein Vergnügen und eine Belohnung für den Lehrer.

Literatur

  1. Antonow W.W. — Spirituelle Praktiken. (Lehrhilfe). (In Russisch). Polus Verlag, SPB, 1998.
  2. Antonow W.W. — Ökologie des Menschen im multidimensionalen Raum. (In Russisch). Polus Verlag, SPB, 2000.
  3. Wasiljew T.E. — Grundsätze des Hatha-Yoga. (In Russisch). M., 1990.
  4. Sokolow P.P. — Die Schlaflosigkeit besiegen. (In Russisch). M., 1990.
  5. Tschistjakowa M.I. — Psychogymnastik. (In Russisch). Ì., 1990.

 

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